SZ: Jenas Angst vor der Bummelbahn

Veröffentlicht von nwt-devjun am

Quelle: Süddeutsche Zeitung | 13.7.2017

Kunst hat die Eigenheit, immer dann richtig aufsehenerregend zu sein, wenn sie auf Missstände aufmerksam macht. Manchmal verhindern eben jene Missstände aber auch, dass sie überhaupt Aufsehen erregt. Mit dieser etwas demotivierenden Dialektik haben sie es derzeit in Jena zu tun. „Bewegtes Land – Inszenierung für vorbeifahrende Züge“ heißt ein Kunstprojekt der Bauhaus-Universität Weimar. Geplant ist es für das letzte Augustwochenende: Zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt sollen Zugreisende Zeuge szenischer Darstellungen werden. 1000 Mitwirkende werden sich an der 30 Kilometer langen Strecke von Jena nach Naumburg zu Chören und bunten Tableaus vivants formieren. Das Zug-Theater soll Pendler dazu bringen, die Excel-Tabellen zu schließen und die Augen zu öffnen für die Landschaft, die vorbeirauscht. Dumm nur: An jenem Wochenende wird kein einziger ICE auf der Strecke fahren. Wegen Bauarbeiten werden die Fernverkehrszüge über Erfurt umgeleitet.

Ein Vorgeschmack auf das, was kommt: Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember ist Schluss mit dem getakteten ICE-Verkehr durch das Saaletal. Statt stündlich geht es dann nur noch morgens und abends von Jena aus auf direktem Wege nach Hamburg, Berlin, Leipzig oder München. Wer tagsüber reisen will, muss erst per Regionalbahn nach Leipzig oder Erfurt fahren. Wenn der ICE nicht mehr in der Stadt hält, könnte die Wirtschaft Schaden nehmen, die Universität an Bedeutung verlieren und die Hochtechnologie-Forschung abwandern, so die Befürchtung.
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Kategorien: Aktuelles