Keine Bimmelbahn als Ersatz für Fernzug von und nach Jena

Veröffentlicht von nwt-devjun am

Quelle: OTZ | 27.03.2012 | Tino Zippel

Wolfgang Meyer kämpft mit dem Jenaer Fernbahnbündnis um den Erhalt eines Fernzuges auf der Saalbahn. Der frühere Schott-Geschäftsführer kritisiert die Landesregierung wegen ihrer einseitigen Verkehrspolitik.

Wie fällt die bisherige Bilanz des Fernbahnbündnisses aus?

Wir arbeiten intensiv daran, ein Fernverkehrsangebot der Bahn auch nach 2017 in Jena zu erhalten. Aber seit zwei Jahren ist seitens der Politik nichts Positives herausgekommen.

Welche Rückmeldung haben Sie auf Ihr Schreiben an Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht vom Dezember erhalten?

Der Eingang ist quittiert worden mit dem Hinweis, dass unser Schreiben an die zuständige Abteilung weitergereicht worden ist. Wir haben uns bis März geduldet und nun nachgehakt. Darauf gab es bislang keinerlei Reaktion. Ich halte das für eine Brüskierung unserer Initiative, die 100 Unternehmen, Institute und Hochschulen mit mehreren Tausend Mitarbeitern umfasst. Wir stellen uns ernsthaft die Frage, ob es die Abteilung überhaupt braucht.

Was fordern Sie genau?

Es geht uns nicht darum, auf Teufel komm raus den Intercity-Express im Ein-Stunden-Takt nach dem Jahr 2017 zu erhalten. Uns geht es um eine Fernverkehrsanbindung im Zwei-Stunden-Takt, beispielsweise durch einen Intercity.

Warum ist es so wichtig, dass weiter Fernverkehrszüge in Jena halten?

Unsere Stadt ist aufgrund ihrer Internationalität und des Einzugsbereiches ihrer wissenschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen in besonderem Maße auf gute Fernverkehrsverbindungen angewiesen.

Profitiert Jena nicht von der Neubaustrecke und vom zukünftigen ICE-Knoten Erfurt?

Im Gegenteil. Die Neubaustrecke zieht den Fernverkehr von Jena ab. Damit entfallen die schnellen, komfortablen und umsteigefreien Verbindungen nach Hamburg, Berlin, Leipzig, Nürnberg und München und zu den dortigen Großflughäfen.

Aber es sollen doch schnelle Zubringerzüge fahren.

Der nötige Umstieg birgt das Risiko, den Zug zu verpassen und damit die Fahrzeit um mindestens eine Stunde zu verlängern. Eine von uns in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass Fahrgäste über Erfurt länger unterwegs sind und mehr zahlen müssen. Das sehen weder Deutsche Bahn noch die Politik ein.

Das Land hat bereits schnelle Regionalzüge bestellt.

Und was soll dabei rauskommen? Ein Regionalexpress, wie er nach Nürnberg fährt und 18 mal hält? Das ist eine Bimmelbahn und kein adäquater Ersatz, wie er im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Direktverbindungen in Metropolen stellen diese von Verkehrsminister Christian Carius versprochenen Züge nicht dar.

Wie könnte eine Lösung aus Ihrer Sicht aussehen?

Andere Länder haben es vorgemacht, den Fernverkehr mit dem Regionalverkehr zu koppeln. Dagegen sträubt sich Thüringen. Diese Lösung wäre aber praktikabel.

Wie arbeiten Sie mit den Fernverkehrsbündnissen in Weimar und Gera zusammen?

Wir stehen im Kontakt und tauschen uns aus. Teils divergieren die Interessen, aber uns eint, dass wir nicht abgekoppelt werden wollen. Wir hoffen wie Gera darauf, dass die Mitte-Deutschland-Schiene zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert wird. Ein Fernverkehrsangebot auf dieser Strecke würde uns freuen. Aber die Elektrifizierung liegt in weiter Ferne.

Fürchten Sie, dass Ihnen die Zeit davonläuft, eine Lösung für die Saalbahn zu finden?

Obwohl der Wegfall erst ab Ende 2017 droht, ist es jetzt akut. Die Bundesländer haben die Ausschreibung für das Elektronetz Saale-Thüringen-Südharz verlängert aus unserer Sicht ein Indiz dafür, dass sie kein Konzept haben, den Wegfall des Fernverkehrs zu kompensieren. Der Zug scheint daher noch nicht ganz abgefahren, aber die Politik darf sich Lösungen nicht verschließen.

Welche Aktionen planen Sie?

Wir haben eine Internetseite unter http://www.fernverkehr-jena.de/ erstellt, um unsere Interessen zusammenzufassen. Am 26. Juni planen wir einen großen Gipfel im Jenaer Rathaus, zu dem hoffentlich auch die Ministerpräsidentin kommt.

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