Dobrindt treibt der Bahn den Turbokapitalismus aus
Soll die Deutsche Bahn viel Profit machen oder einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen?
Quelle: Der Spiegel | 25.07.2016
Bereits beim Frühstück zeichnete sich ab, dass an diesem Tag irgendetwas anders war. Alexander Dobrindt, der stets auf seine Linie bedachte Verkehrsminister, bestellte im ICE ein Croissant mit Marmelade. Zwischen zwei Bissen in den fettigen Plunderteig referierte Dobrindt dann über die Vorteile des Bahnfahrens im Allgemeinen („Man kann arbeiten“) und die Probleme der Deutschen Bahn im Besonderen: Klar, es sei alles nicht wirklich einfach gerade. Aber das Management habe auch vieles angepackt. Was man als Politiker eben so sagt, irgendwo im Nirgendwo zwischen Berlin und Hamburg.
Doch schließlich sprach Dobrindt ein paar sehr deutliche Sätze, in die sich nicht alles Mögliche hineininterpretieren lässt. „Das oberste Ziel der Deutschen Bahn heißt nicht Gewinnmaximierung“, ließ er wissen. Und weiter: Der Konzern habe die gesellschaftliche Funktion der Personenbeförderung. Er solle also möglichst viele Regionen bedienen und dabei möglichst viele Menschen transportieren.
So deutlich hat sich schon lange kein Verkehrsminister mehr positioniert. Dobrindts Worte klangen wie die Befriedung eines Konflikts, in dem sich zwei Lager seit der Bahnreform Mitte der Neunzigerjahre nahezu unversöhnlich gegenüberstehen: auf der einen Seite die Befürworter eines vornehmlich an der Profitabilität ausgerichteten Konzerns (Börsen-Bahn), auf der anderen Seite all jene, die der Meinung sind, die Deutsche Bahn habe vor allem dem Steuerzahler zu dienen (Bürger-Bahn).
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