Minister Carius lobt die Vorzüge der ICE-Neubaustrecke – die OTZ kommentiert die Einlassungen des Ministers
Quelle: OTZ | 24.09.2012
Der Thüringer Nahverkehr hat sich aus Sicht von Verkehrsminister Christian Carius zu einem Erfolg für die Fahrgäste entwickelt. Mit Investitionen von 1,4 Milliarden Euro seit 1991 in den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sei es gelungen, die ÖPNV-Infrastruktur und den Fuhrpark zu modernisieren. „Thüringer Busse, Bahnen und Betriebshöfe zählen zu den attraktivsten in Deutschland“, sagte der CDU-Politiker am Freitag im Landtag. Außerdem seien rund 30 Millionen Euro in den Ausbau von Verknüpfungspunkten zwischen Straße und Schiene wie Park & Ride-Parkplätze, Fahrradabstellanlagen und Bushaltestellen im Bahnhofsbereich geflossen. Carius nannte als Beispiele den Ausbau der Bahnhofsareale in Erfurt, Jena-Paradies, Gera und Zeulenroda, wo am 1. Oktober der Ausbau mit der Wieder-Inbetriebnahme beendet wird. […]
Dazu ein Kommentar von Jens Voigt, OTZ (24.09.2021)
So viele Zahlen, und eine schöner als die andere lauscht man den Verlautbarungen von Thüringens Verkehrsminister, so herrscht in Bussen und Bahnen hierzulande eitel Sonnenschein. Das sucht Carius auch damit zu belegen, dass im vorigen Jahr fast zwei Drittel der ÖPNV-Investitionen in Schienen und Züge flossen. Nur ist damit längst nicht die Gesamtsumme aller Verkehrsbauten erfasst, wo die Straße noch immer deutlich Vorrang genießt. Überhaupt scheint Carius Sicht eher eine propagandistische. Zur Bahn etwa gehören auch Bahnhöfe und um die ist es außerhalb der größeren Städte zumeist erbarmungswürdig schlecht bestellt. Das liegt zwar nicht am Land, sondern meist an der Deutschen Bahn respektive den Neu-Eigentümern der Bahnhöfe. Doch zum Blick auf das vermeintlich prächtige Bahnland Thüringen gehört auch das.
Noch unverfrorener aber wirkt die Auslobung der neuen ICE-Strecke via Erfurt als Gewinn auch für Ostthüringen. Entfallende ICE-Halte in Jena oder Saalfeld lassen sich auch nicht durch das versprochene Expresszugsystem kompensieren, sondern nur lindern. Jedes Glied mehr in der Transport-Kette aber macht eine Verbindung weniger attraktiv und stärkt die Alternative namens Auto. Das weiß jeder Logistiker. Und ein Verkehrsminister außerhalb der Selbstlob-Sphären wohl auch.